Elf Anträge für den regionalen Haushalt 2016

Gudrun Senta Wilhelm zum Etat 2016: Der Mensch im Mittelpunkt. Dafür stehen die Liberalen.

„Das liberale Prinzip heißt vernünftige Dinge vernünftig tun. Das schließt eine realistische Finanzierung ein“, sagte Gudrun Senta Wilhelm in ihrer Haushaltsrede für die Fraktion. Die FDP-Regionalfraktion hat dazu elf Anträge gestellt.

Die Haushaltsrede hier im Wortlaut: „390 Millionen Euro, davon 367 Millionen für den ÖPNV! Eine stolze Zahl.

Zahlen bewegen jedoch keine Menschen. Zahlen leben nicht und müssen nicht pünktlich am Arbeits- Ausbildungsplatz, an Uni oder Schule sein.

Ein zu spät kommen wird in Sekunden und Minuten gerechnet. Wer den Ärger des Zuspätkommens hat oder mit seinem Chef bekommt, wird mit einer anderen Skala berechnet. Da steigt die Fieberkurve oft in den roten Bereich.

Die Region bezahlt 367 Millionen Euro, aber ihr Verspätungsmanagement hinkt der Zeit hinterher. Nicht immer sind Auslöser für Verspätungen Unfälle oder Selbstmorde. In der Regel haben diese Verspätungen andere Gründe: von Weichenstörungen, Signalstörungen, Zugausfällen wegen Personalmangel, Triebfahrzeugsstörungen insbesondere beim 430, bis hin zu Stellwerkstörungen und trotz Anzeigetafeln immer wieder ungenügende Informationen über Zugausfälle und Verspätungen.

Meine Damen und Herren, Zugausfälle müssen auf ein Minimum zurückgeschraubt werden. – So unbequem wie es in einer überbesetzten S-Bahn ist, so unbequem müssen und werden wir bei VVS und der Bahn sein, um eine Verbesserung zu erreichen. – Die Zeit drängt!

Mehr Barrierefreiheit fordern wir seit Jahren. Wie ein träger Saurier bewegt sich die Bahn. Die Zeit der Ur-Reptilien ist jedoch längst abgelaufen, die Bedürfnisse sind allerdings geblieben. An S-Bahnstationen mangelt es an Toilettenanlagen. Verspätungen und lange Wartezeiten verschärfen das Problem für die S-Bahn-Nutzer täglich. Das muss sich ändern. Das muss auch nicht immer Hightech sein – in der Not tut’s selbst ein Dixie-Klo!

Der Mensch im Mittelpunkt. Dafür stehen die Liberalen. Deshalb ist die Zusammensetzung des Fahrgastbeirat nicht effizient, wir fordern auf mit einer Nutzergruppe zu kommunizieren, die tatsächlich regelmäßig S-Bahn fährt.

Wir haben die Beschaffung neuer S-Bahn-Züge mitgetragen, wir wollten sogar 2 Züge mehr. Wir sprechen uns klar für eine zweigleisige Strecke nach Neuhausen aus. Schmalspurlösungen lehnen wir ab. Eine eingleisige Strecke wäre lediglich eine Notlösung, die Verspätungen vorprogrammiert. Notlösungen sind jedoch nicht unsere Sache. Das liberale Prinzip heißt vernünftige Dinge vernünftig tun. Das schließt eine realistische Finanzierung ein.

Kapazitäten unserer Straßen sind aufgrund der bisherigen Politik weitestgehend aufgebraucht, also müssen wir neue Wege gehen: Wir fordern regionale Verteilsysteme für Güter wie System CargoBeamer oder Cargo Mover. Kluge Köpfe haben Ideen, werden aber durch Bürokraten bei der Bahn ausgebremst. In Städten wie Köln oder Ludwigshafen gibt’s tolle Beispiele dafür. – Beim Verteilersystem läuft uns längst die Zeit davon.

Geld verschlingt auch der Verwaltungshaushalt: Die Interkommunale Gartenschau (IKG), hätte ohne uns den Landschaftspark-Etat gesprengt. Der Antrag der Freien Demokraten hat auch hier gepasst: Wir wollten von 2015 bis 2018 ein Sonderprogramm mit 500.000 Euro jährlich. Das Ziel des Antrags ist erreicht.

Die Route der Industriekultur im Filstal ist ein Erfolg. Die FDP-Regionalfraktion erneuert ihren Vorschlag von 2012 solche Routen in der ganzen Region zu schaffen.

Wir bekommen ein GIS-basiertes regionales Flächenmanagement – Flächenmonitoring. Ein Erfolg für uns: Den ersten Antrag dafür haben wir 2005 gestellt. Den zweiten 2013, mit Hinweis auf die Städteregion Aachen. 2014 hieß es als Antwort auf den Antrag von 2013, dass der Verband an einem Forschungsprojekt dran ist, unter anderem zusammen mit Aachen. Jetzt ist es an der Zeit.

Eine nicht einfache Aufgabe müssen wir stemmen: Flüchtlingsströme stellen alte Prognosen der Bevölkerungsstagnation auf den Kopf. Das bedeutet in Zahlen: Wir brauchen Wohnraum für die Familien, die rund 700.000 Menschen zwischen 20 und 40 gerade gründen, gegründet haben oder gründen wollen. Wir brauchen Wohnungen für Flüchtlingsfamilien. Die Region ist eine Familienregion: Die Zahl der Haushalte mit drei und mehr Personen lag zu Jahresanfang bei rund 387.000 und bei einem Teil der 394.000 Haushalte mit zwei Personen, kann die Zahl der Haushaltsmitglieder binnen weniger Monate steigen.

Das sind Zahlen, die einem System funktionieren. – Es kommen jedoch keine Zahlen, sondern Menschen! Menschen mit verschiedenen Hintergründen, politischen Einstellungen oder Glaubensfragen.

Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst. – (eine Goldene Regel 17. Jahrhundert / Bibel)

Das ist eine klare Antwort. Die Zeit ist angesagt Respekt vor dem Menschen zu haben und zu zeigen. Lippenbekenntnisse reichen nicht!

Wir wollen keine Bebauungsformen mit dem Sprengstoff sozialer Auseinandersetzungen. Die Lösung muss dem ländlichen Raum in der Region neue Entwicklungschancen eröffnen. Integrationsfördernder Wohnungsbau verlangt die Menschen auch in die Fläche zu bringen. Flüchtlinge müssen Platz in normalen Wohngebieten finden.

Ich weiß: Veränderungen können weh tun!

Wir schlagen vor, den Handel mit Flächenzertifikaten zu erproben. Gleichzeitig einen regionalen Wohnbaugipfel einzuberufen, um das Thema „preiswerten, aber lebenswerten Wohnraum für alle schaffen“ zu lösen. – Für alle Menschen in der Region. Denn Armut in Deutschland ist auch in unserer Region leider ein wichtiger Punkt.

Bei den Flüchtlingen, meine Damen und Herren, appelliere ich an die Mitglieder des Gremiums, an die Politik und die Wirtschaft der Region und nicht zuletzt an alle Menschen zu einem friedlichen Miteinander. Es ist keine Zeit für Egoismus.

Der finnische Formel-1-Pilot Mika Häkkinnen hat einmal gesagt: Du gewinnst nie allein. Am Tag, an dem du was anderes glaubst, fängst du an zu verlieren!

Der Realität müssen wir uns jedoch stellen.

Wir sehen es als regionale Aufgabe, die berufliche Qualifikation der Flüchtlinge zu erfassen. Seit Monaten versagen hier Bund und Land. Wir wollen von Seiten der Region die Wirtschaftsförderung in eine Schlüsselstellung zu bringen.

Dieser Haushalt trägt erstmals die Handschrift von Regionaldirektorin Dr. Nicola Schelling. Sie hat vier neue Stellen beantragt. Die FDP-Regionalfraktion unterstützt sie. Allerdings mit dem Zusatz, dass wir 2016 als das Jahr sehen, in dem Dr. Schelling zeigt, wie sie den Verband Region Stuttgart gestalten will.

Das ForumRegion Stuttgart hat sich aufgelöst. Wir schlagen vor, den FörderPreis Region Stuttgart & Daimler-Byrnes-Stipendium-Region-Stuttgart in die Obhut der Region zu übernehmen.

Bei der SportRegion hat die Geschäftsstelle einen Antrag der CDU-Regionalfraktion berücksichtigt, der eine globale Aufstockung der Mittel vorsieht. Wir meinen, dass eine projektbezogene Förderung die bessere Lösung ist. Bspw. akzentuierte Schwerpunkte wie Demografische Entwicklung und Diversity!

Beim Regionalverkehrsplan haben wir mit CDU und Freien Wählern durchgesetzt, dass wir angesichts der Verkehrslage darüber nachdenken, ob sich Verkehr wirklich in Luft auflöst, wenn keine Straßen gebaut werden. Es lässt sich nachrechnen, dass dem nicht so ist.

Meine Redezeit ist abgelaufen. Die Weichen sind teilweise neu oder umgestellt. Ich denke wir müssen Volldampf fahren. Die Uhr tickt. Nicht allein beim Thema Flüchtlinge. – Wir brauchen in diesem Gremium Konstruktivität und Kreativität. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Berichterstattung in der Stuttgarter Zeitung